Karin Trowitzsch: Am Ziel ankommen

Karin Trowitzsch

Mutter von 4 Kindern
Pastorenfrau


Am Ziel ankommen

Wir waren im letzten Jahr eine reichliche Woche in Mittenwald
im Urlaub. Die Familie meiner Schwester war auch dort und wir
wollten damit unserm Martin, der auch gern Berge besteigt, die
Chance geben, mit ihnen gute Touren zu unternehmen. Helmut und ich ziehen die ruhigere Variante vor, wir sorgten dafür, dass für die Heimkehrer das Essen fertig war. So schön es war und so begeistert sie abends berichteten ... ein Wunsch beseelte alle: die Zugspitze musste bezwungen werden! Das sollte der letzte gemeinsame Ferientag werden. Noch vor 6 Uhr fuhr die Mannschaft los, sie stellten in Ehrwald ihr Auto ab und der Aufstieg begann. - Wir machten unsere Ferienwohnung übergabefertig, packten den Picknickkorb und fuhren nach dem Mittag auch in diese Richtung, mit dem Unterschied, dass wir dann per Seilbahn auf der Zugspitze ankommen sollten. Alles klappte, oben entdeckte ich dann unsern Neffen und fragte nach den anderen. Von ihm erfuhr ich, dass meine Schwester mit der einen Tochter und den beiden Pflegekindern das letzte Stück mit der Seilbahn gefahren war, weil sie unterwegs „Profis“ getroffen hatten, die sie eindrücklich vor dem letzten Stück gewarnt hatten. So war nur mein Schwager mit der zweiten Tochter und unserem Martin noch unterwegs. Deshalb war der eine Teil schon vor uns da. Ich fand es lustig, doch als ich mich dann nach draußen begab und meine Schwester mit Maria auf den letzten Stufen sitzen sah, wurde es mir ganz anders. Meine Nichte saß weinend da und war ganz unglücklich darüber, das letzte Stück nicht mit eigener Kraft bewältigt zu haben. Wie konnte sie nur in die Bahn einsteigen? Jetzt konnte sie nicht mehr sagen, dass sie den Aufstieg geschafft hatte! - Was sollte ich als ausge-ruhter Gondelfahrer da erwidern? Doch dann meinte ich, dass es doch das Wichtigste ist, auf der Zugspitze zu sein. Das war doch schließlich das Ziel! Im Alltag nehmen wir doch auch Hilfe in Anspruch um zum Ziel zu gelangen! Und ich wurde daran erinnert, wie es einmal sein wird, wenn wir vor Jesus stehen - ist es uns wichtig, auf das Erreichte und Geleistete zu blicken oder ist es uns das Allerwichtigste bei IHM im Ziel angekommen zu sein in dem Wissen, dass es nicht unser Verdienst war, sondern Seine große Gnade, die uns getragen hat!?
--Ja und nun warteten wir, würden sie es schaffen, auch ohne Bergausrüstung, bitte auch noch vor der letzten Bahn anzukommen? Gefährlich war es, der Rettungshubschrauber war an diesem Tag auch schon im Einsatz gewesen.
So saßen wir, beteten und warteten ... endlich sah man in weiter Ferne 3 Personen, Helmut erkannte sie durchs Fernglas und wir Frauen waren etwas erleichtert. Doch die nächste Wartezeit war auch noch mal sehr lange und für mich sehr eindrücklich: du siehst dein Kind weit entfernt von dir den Weg gehen, nein suchen, vorsichtig, abwägend, hier kommt es auf Trittsicherheit an, du kannst nicht helfen. Oder doch? Und ich sehe wieder den Alltag: unsere Kinder wachsen heran, werden selbständig, fällen Entscheidungen, suchen Wege und Markierungen, rutschen, kraxeln wieder hoch, gehen vorsichtig weiter, finden Wegbegleiter ... und du siehst von Ferne zu, untätig, kannst nicht helfen, kannst keine Steine mehr aus dem Weg räumen... ABER ich kann beten für gute Wegweisung, für Bewahrung, für Erlebnisse, die sie sicher machen auf dem richtigen Weg zu sein, dass sie Hilfe erfahren und dass sie am Ziel ankommen. Ist das nicht das Beste, was wir für unsere Kinder tun können? Es ist wichtiger als gute Ratschläge und sonst was. Aus der Ferne zusehen, umbeten und entdecken, wie sie dem Ziel immer näher kommen. Und die Freude wächst: Er schafft es, er kommt durch, er erlebt Bewahrung, er wächst mit der Herausforderung!
... und dann kam Martin als Erster „ins Ziel“!
Zugspitze - das war für uns alle in jeder Weise ein eindrückliches Erlebnis! Gemeinsam genossen wir den Ausblick, staunten über die Schöpfung und waren überglücklich!

Karin Trowitzsch
Elim-Gemeinde Zwickau