Ruth Henkert Elim - Gemeinde Dresden
Stolpersteine oder Bausteine - Wie kann ich Belastungen meistern?
Dass es Steine in sich haben, stimmt wortwörtlich.
Man kann, wenn man Steine sammelt auch von den Steinen schwärmen:
Es gibt Steine, die lästig sind (z.B. Nierensteine, Gallensteine, Zahnstein, Stein des Anstoßes) und Steine, die unverzichtbar sind bzw. etwas Gutes sind (z.B. Eckstein, Grundstein, Stein der Weisen, Stein, der vom Herzen fällt (wenn sich ein Problem löst), Mühlstein )
Redewendungen mit „Stein“
Stein der Weisen: Lösung aller Rätsel und Probleme
Jemand fällt ein Stein vom Herzen: Jemand fühlt sich erleichtert, atmet tief auf
Jemanden einen Stein in den Weg legen: Schwierigkeiten bereiten, dass jemand nicht voran kommt, Nachteile hat
Bei jemanden einen Stein im Brett haben: Bei jemanden Sympathien genießen
Den Stein ins Rollen bringen: Eine Angelegenheit in Gang bringen. Ein Stein kann eine Lawine auslösen
Man kann aber auch jemanden Steine in den Weg legen – Stolpersteine – die dem
anderen Schwierigkeiten bereiten sollen, Nachteile bringen sollen, ihn in seinem Tun
ausbremsen können. Damit versucht man ihm bewusst zu schaden, wehe zu tun.
Vielleicht um einen Vorteil zu erzwingen?
Haben wir vielleicht bewusst oder nur unbewusst anderen auch schon solche
Stolpersteine in den Weg gelegt?
Es gibt einerseits „Stolpersteine“, die mir andere in den Weg legen; es gibt aber auch
Situationen in meinem eigenem Leben, wo ich selbst solche Stolpersteine habe, über
die ich immer wieder neu falle. Aber warum?
Was passiert, wenn ich meine Stolpersteine gar nicht kenne?
Ich möchte an dieser Stelle das Thema etwas eingrenzen:
Es gibt Belastungen im Leben, die nicht einfach so vom Tisch zu wischen sind, wo ich Zeit brauche, sie zu verarbeiten. Zum Beispiel bei Trauer um einen lieben Menschen, brauche ich auch die Zeit zum trauern, denn wenn ich es nur verdränge, wird es mich krank machen. Wie ich sie verarbeiten kann, wäre, glaube ich, ein extra Thema.
Aber besonders für die kleinen alltäglichen Stolpersteine gilt:
Es sind weniger die Umstände, die unseren inneren Menschen gefährden, als vielmehr unsere Art, auf sie zu reagieren. Ob ich etwas als Belastung empfinde, hängt wesentlich von unserer Wertung ab, von der Art, wie ich die Situation bewerte, welche Sicht ich habe.
Aber haben wir uns vielleicht auch schon einmal darüber Gedanken gemacht, was die Ursachen von solchen Belastungen sein können?
Belastungen kommen nicht nur von „außen“, sondern auch von „innen“.
Viele Menschen meinen, belastende Gefühle seien hauptsächlich durch äußere Ereignisse oder durch andere Personen verursacht.
Das trifft sicherlich auch manchmal zu, oft aber trifft gerade bei den alltäglichen Belastungen die folgende Aussage zu:
Unsere Gefühle werden nicht von einer äußeren Situation oder von anderen
Menschen geschaffen, sondern wir selber schaffen sie in uns.
Was möchte ich damit sagen:
Bei vielen alltäglichen Schwierigkeiten hängt es wesentlich von uns ab, welche Gefühle wir dabei empfinden. Ob wir etwas als Belastung empfinden oder nicht, ist weitgehend unsere Reaktion auf äußere Ereignisse.
Beispiel:
1. Beim Anblick von tobenden Kindern
2. Optimist – Pessimist
Das Glas ist halb voll - das Glas ist halb leer
Beide sehen das gleiche Bild, aber jeder sieht es anders
Beispiel: Das Bild der „Doppelgesichtigen Frau“
Ich kenne ein Bild, was der Künstler so gemalt hat, dass ich entweder eine junge Frau mit freundlichem Gesicht sehe oder eine griesgrämige Alte mit einer sehr langen Nase.
Auf den Blickwinkel kommt es an, was ich auf diesem Bild erkenne. Beides ist zu erkennen, aber nicht gleichzeitig.
Ein und dieselbe Person kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich reagieren:
Beispiel:
Wenn mein geplanter Tageslauf völlig durcheinander kommt, finde ich es manchmal ganz toll. Es ist wie ein Spiel, ich fühle mich aufgefordert kreativ und offen zu sein.
Fühle ich mich dagegen vorher schon unausgeglichen und ausgepauert, dann nervt mich diese unerwartete Aufgabe völlig – ich werde verbissen und angespannt.
Vieles hängt also von unserem inneren Kommentar ab. Negative Selbstbewertung kann Belastungen verstärken. Auch uns selbst, unser Tun bewerten wir oft mit:
„das schaffe ich nie“, „typisch für mich“ oder „ich bin eben nun mal unpraktisch“.
Sätze wie diese führen zu einem ungünstigen Selbstbild, das wiederum sehr zu belastenden Gefühlen beiträgt. Gerade bei uns Frauen ist die sogenannte Selbstliebe oft ein besonders dürftiges Pflänzchen. Für Jesus ist die Selbstachtung- ich spreche nicht vom Egoismus – die Voraussetzung für Nächstenliebe. Er sagt: „liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“.
Selbstachtung heißt, zu sich selbst „ja“ sagen zu können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ich nach außen sicher auftreten kann; Selbstachtung ist vielmehr, dass ich ein Stück weit unabhängig vom Urteil anderer Menschen bin.
Wie kann ich zu mir selber „ja“ sagen, wenn sich mir immer und immer wieder meine Unzulänglichkeiten wie Stolpersteine in den Weg legen? Wie gehe ich mit diesen Dingen um, die mich so belasten können? Was kann ich anders machen?
regelmäßige Zeiten der Stille sind eine wesentliche Säule beim Umgang mit
Belastungen.
Wenige Worte genügen manchmal und sind wie ein Gebet:
z.B. Durchströme Du mich mit Deiner Kraft hier bin ich – Gott
Ich halte Dir alles, was mich bewegt hin – verwandle du mich
Hier eigenes Beispiel: Kreisende Gedanken /Ärger, der uns wie in einem Gefängnis einsperrt. In der Gebetstunde habe ich mein Problem vor Gott „geworfen“ und sofort Befreiung erlebt – alles war plötzlich weg und ich habe mich gewundert, warum ich mich so über diese Sache geärgert habe.
Wenn meine Gedanken kreisen und ich nicht zur Ruhe komme, dann können auch Bibelworte helfen:
z.B. Ich glaube – hilf meinem Unglauben
Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten
Der Herr ist mein Hirte – mir wird nichts mangeln
Weitere Gedanken:
In der Bibel steht
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.
Gott will aus uns - mit allen unseren Fehlern etwas Besonderes machen.
Stolpersteine in unserem Leben können auch zu nützlichen Bausteinen werden.
Betrachte mal einen Damm, der brüchig wird. Die entstandenen Löcher lassen sich nicht mit schönen quadratischen Steinen stopfen. Manchmal tut es ein unmöglich aussehender schrumpeliger Stein, wenn er den richtigen Platz einnimmt, hat er eine positive Wirkung.
Ich möchte gern, dass wir versuchen, über Steine in unseren eigenen Leben nachzudenken, die uns in den Weg gelegt worden sind. Ich denke da an Erlebnisse, die mir zum Stolperstein geworden sind:
Wie nehme ich Belastungen in meinem Leben wahr?
Wie werde ich damit fertig?
Was sind meine Stolpersteine, meine alltäglichen Belastungen?
Stress?
Zerrissensein zwischen Beruf und Familie?
Angst vor dem Älterwerden?
Meine schlechten Nerven?
Jeder von uns hat andere Stolpersteine bekommen. Keiner ist gleich wie der Andere.
Ich denke, jeder von uns hat Stolpersteine – Belastungen mit denen er fertig werden muss.
Wir sehen, dass wir alle etwas haben, über das wir in unserem Leben stolpern können, was uns sehr fertig machen kann. Selbst ganz kleine Steine können uns unheimlich zu schaffen machen. Denken wir an den ganz kleinen Stein im Schuh oder das Staubkörnchen im Auge.
Das kann zu einer echten Belastung werden. Das kann uns am Weiterlaufen hintern, wenn wir an den Schuh denken oder uns völlig die Konzentration nehmen, wenn wir an das Staubkörnchen im Auge denken.
Das alles zeigt uns auch unsere Unvollkommenheit. Aber Gott liebt uns so wie wir sind.
Gedicht: Mut zur Unvollkommenheit
Wie danke ich Dir,
dass ich versagen darf, vor Dir und vor anderen Menschen!
Wie danke ich dir, dass ich dazu stehen darf,
Grenzen zu haben:
Grenzen des Glaubens,
Grenzen der geduld,
Grenzen der Belastbarkeit,
Grenzen des Könnens,
Grenzen der Liebe.
Wie danke ich dir, dass ich traurig sein darf und müde,
dass es Dinge geben darf, mit denen ich allein nicht fertig werde,
dass Verzichten und sich-Beschenken –lassen beide ihr Recht haben.
Sabine Naegeli aus den Buch: Die Nacht ist voller Sterne
Lasst uns die Stolpersteine versuchen zu überwinden, dass wir vielleicht lernen darüber hinwegzuspringen, manchmal sie zu umgehen. Fragen wir nach: Vielleicht sind diese Steine manchmal auch eine neue Weichenstellung in unserem Leben. Manchmal kann ein im Weg liegender Stein auch unsere Rettung bedeuten. Eine Erzählung sagt:
In China gibt es einen gefährlichen Strom. An einer bestimmten Stelle kamen die Schiffe immer wieder zum Kentern. Fachleute haben die Strömung erforscht und an einer genau berechneten Stelle im Strom einen Felsen aufgestellt. Darauf haben sie die Worte: „Auf mich zu!“ geschrieben. Zunächst sieht es so aus, als ob der Fels nur im Weg steht. Aber jeder Bootsfahrer, der sein Schiff auf den Felsen zulenkt, kommt heil durch die Strömung und Untiefen hindurch.
Ich wünsche mir, dass aus den Stolpersteinen viele neue Bausteine entstehen, die unser Leben gestalten, verändern und reich machen können.
Ruth Henkert
Elim-Gemeinde Dresden