Ist Glaube vererbbar?

Für unser Wachstum im Glauben spielen auch die Beziehungen,
die wir zu Menschen haben, eine ganz wichtige Rolle.
Wir schauen auf Menschen, beobachten sie, teils bewusst –
teils unbewusst und entscheiden uns selbst – so möchten wir auch sein oder so – n i e.
Wir suchen uns Vorbilder für bestimmte Bereiche unseres Lebens.
Das können historische Vorbilder sein, wie
   - Menschen, die nicht mehr leben – Lebensbiographien 
   - zeitgenössische Vorbilder, die noch unter uns lebende Personen
Die Vorbilder sind hauptsächlich passiv. Der Gegensatz dazu sind z.B. die Seelsorger, die uns aktiv ein Stück auf unserem Weg begleiten und helfen, Probleme zu bewältigen.
Vorbilder sind sich oft gar nicht bewusst, welche Rolle sie im Leben anderer spielen. Dennoch kann eine Freisetzung von Kräften stattfinden, die erstaunlich ist.
Vorbild sein ist ein biblisches Prinzip. Die Bibel stellt uns Paulus, Petrus und Christus z.B. als Vorbilder vor
und macht uns Mut, zur Erbauung anderer als Vorbild zu dienen.Paulus bezeichnet sich als Vorbild für Timotheus, um in ihm Kräfte freizusetzen.

Kor. 4, 16-18
„Darum ermahne ich euch: Seid meine Nachfolger!
Aus derselben Ursache habe ich Timotheus zu euch gesandt, welcher ist mein lieber und getreuer Sohn in dem Herrn, dass er euch erinnere an meine Wege, die in Christus Jesus sind, wie ich sie in allen Enden in allen Gemeinden lehre.“

Das ist eine gewaltige Aussage! Los, Timotheus, sei mein Nachfolger. Ich will dein Vorbild sein!
Interessant ist auch, dass Paulus aus der Entwicklung der Kindheit des Timotheus Schlüsse zieht aus dem Kinderglauben und Erwachsen werden. Timotheus wird auf der zweiten Missionsreise Mitarbeiter von Paulus. Er ist gläubig, geprägt durch das Elternhaus. Hier werden seine Mutter und Großmutter genannt, dass sie einen entscheidenden Einfluss ausübten. Wenn Paulus auf den Glauben und das Vorbild dieser beiden Personen Bezug nimmt, müssen sie eine wichtige Bedeutung im Leben des Timotheus haben:

Tim. 1,5
„Denn ich erinnere mich des ungefärbten Glaubens in dir, welcher zuvor gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike; ich bin aber gewiss – auch in dir.“

Der letzte Teil des Textes sagt deutlich, dass der Glaube nicht mit einer Selbstverständlichkeit weitergegeben wird. Für diese Entscheidung muss jeder selbst sein „JA“ finden.
„Von Kind auf (!)“ war Timotheus in den Glauben eingeführt worden. Hier ist die Bedeutung der frühkindlichen Begegnung mit dem Wort Gottes. ( z.B. Kindergottesdienst)
Die Einführung durch Mutter und Großmutter gab das Fundament. Paulus sagt nicht, wirf deinen Kinderglauben weg. Das ist alles vorläufig. Was deine Mutter und Großmutter gesagt hat, kannst du vergessen. Das Elternhaus hat eine grundsätzliche Funktion, Paulus wischt das nicht einfach vom Tisch.
Die Geschichte von Timotheus zeigt auch, dass wir nicht alles selbst tun können und tun müssen. Das Elternhaus soll den Grund legen. Gott will, dass wir Eltern anfangen. Er kann dann auch viele andere Menschen gebrauchen, die weitermachen (z. B. in der Gemeinde)
Schön ist es bei Timotheus, dass von der Bedeutung der Großmutter gesprochen wird. Das geschieht in Verbindung mit der Weitergabe des Glaubens. Wir sollten uns der Aufgabe und Chance bewusst sein. Großeltern haben eine große Chance, weil sie sich oft gütiger den Kindern zuwenden können. Sie haben nicht die entscheidende Last der Verantwortung in Einzelfragen der Erziehung. Wir sprechen von „Kindererziehung“ und nicht von „Enkelerziehung“ – das ist also nicht die Aufgabe der Großeltern. Wenn sie sich Zeit nehmen, haben sie eine sehr prägende Wirkung auf die Enkel.
Ich frage mich: Wo sind heute noch die „erzählenden Großeltern“?
Die Bejahung der Generation wirkt sich zum Segen aus. Die verschiedenen Generationen stehen unter unterschiedlicher Verantwortung. Keine kann die Verantwortung der anderen letztlich abnehmen.
Viele Wurzeln meines Denkens und Handels und auch Auslebens meines Glaubens liegen in der Kindheit und können mich sehr stark prägen. So liegt es sehr nahe, dass:
- Kinder, die ständig Kritik erfahren, lernen zu verurteilen
- Kinder, die viel Feindseeligkeit erfahren, lernen zu kämpfen
- Kinder, die Schande erfahren, bekommen Schuldkomplexe
- Kinder, die Toleranz erfahren, lernen geduldig zu sein
- Kinder, die Ermutigung erfahren, lernen Vertrauen zu haben
- Kinder, die Lob erfahren, lernen andere Menschen zu schätzen
- Kinder, die Fairness erfahren, lernen Gerechtigkeit zu üben
- Kinder, die Geborgenheit erfahren, lernen Glauben zu haben
- Kinder, die Anerkennung erfahren, lernen sich selbst mögen
- Kinder, die Akzeptanz und Freundschaft erfahren, lernen in der Welt Liebe zu entdecken
Wenn wir unseren Kindern die biblischen Maßstabe vermitteln wollen, müssen wir sie ihnen in unserem eigenem Leben demonstrieren. Wenn unsere Kinder den Gedanken akzeptieren sollen, dass es absolute Maßstäbe für die Wahrheit gibt, müssen wir ihnen beweisen, dass wir selber daran glauben.
Damit ist nicht gesagt, dass das Leben, dass wir vor den Augen unserer Kinder führen sollen, vollkommen sein muss. Aber es muss konsequent sein und mit den biblischen Normen übereinstimmen. Wenn ich möchte, dass meine Kinder sich von sexueller Unreinheit fern halten, liegt es nicht nahe, zu überprüfen, ob meine Fernsehgewohnheiten diesen Wunsch widerspiegeln?
Ich selbst sollte mich in regelmäßigen Abständen prüfen, ob ich in der Familie die absoluten Normen für die Wahrheit vorlebe, indem ich mir immer wieder die folgenden Fragen stellen:
- Gibt es etwas in meinem Leben, was kein anderer wissen darf?
- Hat mein Verhalten in dieser Woche bewiesen, dass ich an absolute Wertmaßstäbe glaube? – Oder hat mein Verhalten diese Überzeugung widerlegt?
- Verbiete ich meinen Kindern Verhaltensweisen, die ich bei mir selbst toleriere?
- Bin ich offen für Kritik?
- Bringe ich es fertig, meine Kinder zu bitten, mich auf inkonsequentes Verhalten aufmerksam zu machen, damit ich es korrigieren kann?
Oft denken wir nicht darüber nach, welche Auswirkungen unsere Entscheidungen auf unsere Kinder, Enkelkinder und deren Kinder haben können. Doch unsere Handlungen, ob gut oder schlecht, werden immer Konsequenzen für die nächste Generation haben. Unsere Kinder werden entweder schmerzhafte Verletzungen ernten von Worten oder Taten, die wir gesät haben. Oder sie werden die Früchte eines glaubenswürdigen Lebens ihrer Urgroßeltern genießen können, die sie vielleicht nie kennen gelernt haben.
Einige Ketten, die heute viele Menschen fesseln, wurden in der Kindheit angelegt oder stammen von einer traumatischen Erfahrung des Opfersein. Dieses schlimme Erbe kann wiederkehrende Muster zeigen:
- Menschenfurcht durch Missbrauch in der Kindheit
- gewohnheitsmäßige Unehrlichkeit, Bitterkeit, tiefe Unsicherheit
- Wut, Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit oder chronische Unzufriedenheit
Doch egal, wie das Erbe aussehen mag, dass unsere Vorfahren hinterlassen haben – es gibt einen Weg, nicht länger das Opfer schmerzlicher Erfahrungen zu bleiben und unseren Kindern stattdessen ein neues, positives Erbe mitzugeben. Gott bietet uns seine Hilfe an, um den Einfluss sündigen Verhaltens zu überwinden. Wenn wir uns an seiner Hand den Schmerzen der Vergangenheit stellen, bricht die Reise in die Freiheit an.
Mir sagte einmal eine Frau: „Das Wichtigste, was ich von meiner Mutter gelernt habe ist –
meine Mutter konnte nicht nur vergeben, sondern, was genau so wichtig ist, auch vergessen. War erst einmal eine üble Sache verziehen, dann war sie auch aus den Gedanken gestrichen. Darin übte sich meine Mutter ihr Leben lang. Ihr Lernfeld war zum einen eine große Verwandtschaft im nahen Umkreis, zum anderen ihre Kundschaft im eigenem kleinen Geschäft und der Kreis ihrer Gemeinde. Heute kann ich sagen, dass sie ihren Meisterbrief im Vergeben und Vergessen erlangt hat. Darin ist sie mir ein großes Vorbild.“

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, gute Vorbilder für alle Bereiche des Lebens zu haben. Sie können uns helfen, unseren Glauben zu leben und zu festigen. Besonders in Krisensituationen ist es so wichtig von Menschen zu hören:
„Du, so ginge es mir auch mal, aber mir hat in diesem Moment gerade das Lebensbeispiel dieses oder jenes Menschen geholfen oder das Beispiel, was meine Eltern oder Großeltern mir vorgelebt haben.“
Vielleicht können wir auch solche Beispiele nennen, die uns geholfen haben, unseren Glauben zu stärken, die ein Licht für unser Leben waren und sind.
Viele Dinge tun wir ohne nachzudenken. Wie viele scheinbar kleine Sachen in unserem Verhalten werden von anderen beobachtet und bewertet und besonders von unseren eigenen Kindern.
Denken wir darüber nach, wo wir vielleicht jemanden helfen konnten. Wenn wir jetzt für jede Hilfe, die wir anderen gegeben haben, indem wir sie ein Stück auf ihren Lebensweg begleitet haben, ein Licht anzünden würden, dann wünsche ich mir, dass für jeden von uns so ein Licht angezündet werden kann, wo wir zur Stärkung des Glaubens beitragen konnten. Licht verbreitet Wärme und kann auch den dunkelsten Winkel ausleuchten, wenn es hell genug ist. Es liegt auch mit an uns, wie hell es um uns herum ist. Wir sollten einen „Wohlgeruch“ verbreiten und nicht durch unser Reden andere vom Glauben abschrecken.


Ruth Henkert
Elim-Gemeinde Dresden


Als du dachtest, ich sehe dich nicht

Dies ist die Botschaft eines Kindes, die alle Eltern einmal lesen sollten. Denn Kinder armen das nach, was wir tun und nicht, was wir sagen.

Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du eine streunende Katze gefüttert, und ich habe gelernt, dass es gut ist, sich um Tiere zu kümmern.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du meinen Lieblingskuchen für mich gebacken, und ich habe gelernt, dass auch kleine Dinge ganz besondere Geschenke im Leben sein können.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du ein Gebet gesprochen, und ich wusste, dass es einen Gott gibt, mit dem ich immer reden kann. Ich habe gelernt, Gott zu vertrauen.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du eine Mahlzeit zubereitet und sie einem Bekannten gebracht, der krank war. Ich habe gelernt, dass wir uns umeinander kümmern müssen.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du für Menschen, die nicht viel hatten, deine Zeit und dein Geld geopfert. Ich habe gelernt, dass die, die viel haben, denen etwas abgeben sollen, die wenig haben.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du mir einen Gute-Nacht-Kuss gegeben, und ich habe mich geliebt und sicher gefühlt.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, kamen Tränen aus deinen Augen, und ich habe gelernt, dass es schmerzhafte Erlebnisse im Leben gibt, es aber in Ordnung ist zu weinen.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, hast du dich um mich gekümmert, und ich wollte deshalb mein Bestes geben.
Ø Als du dachtest, ich sehe dich nicht, habe ich dich angesehen und wollte dir sagen:
Ø „Danke für all die Dinge, die ich gesehen habe, als du dachtest, ich sehe dich nicht.“

Alle von uns – ob Eltern, Großeltern oder Freunde – beeinflussen das Leben eines Kindes.

entnommen aus der Zeitschrift Lydia 4/2001 S. 36